Die Aufklärungsarbeit steht an erster Stelle Aids-Hilfe Gießen feierte 20-jähriges Bestehen - Vom sozialen Bürgerengagement zu professioneller Einrichtung entwickelt Gießen (jab). Die Diagnose Aids bedeute für Betroffene nach wie vor eine soziale Ausgrenzung und Diskriminierung, auch wenn sich das Gesicht der Krankheit im Laufe der Jahre verändert habe, berichtete Alexander Schäfer am Freitagabend im Rahmen der Feierstunde zum 20-jährigen Bestehen der Aids-Hilfe Gießen. Das ehrenamtliche Vorstandsmitglied konnte im festlich geschmückten Netanyasaal des Alten Schlosses zahlreiche Gäste aus Stadt und Landkreis, der Politik und den kooperierenden Institutionen begrüßen. Musikalisch umrahmt wurde der Festakt mit Jazz und Popmusik vom »Jürgen Zimmer Trio« aus Lich. Für das leibliche Wohl sorgte der Kochkurs der Aids-Hilfen Gießen und Marburg. Vor allem eine ländliche Region wie Gießen erschwere Betroffenen den Umgang mit der Krankheit aufgrund fehlender Anonymität. Deshalb sei Schäfer froh, dass sich die Aids-Hilfe in den 20 Jahren ihres Bestehens aus den Wurzeln sozialen Bürgerengagements und der Selbsthilfe zu einem professionellen Träger Betreuten Wohnens und zu einer Beratungsstelle mit einer Vielfalt von Angeboten entwickelt habe. Schäfer sieht im Hinblick auf die steigenden Zahlen von Neuinfektionen vor allem die Notwendigkeit der präventiven Arbeit. Die Aids-Hilfe setze deshalb verstärkt auf Aufklärungsarbeit vor Ort durch Theaterprojekte, in Schulen und durch das Internet, um auf die Gefahren der Krankheit und einer möglichen Infizierung hinzuweisen, denn diese - so Schäfer weiter - sei trotz weit verbreitetem Denken noch immer nicht heilbar. Das Aufgabenspektrum der Aids-Hilfe Gießen habe sich aufgrund verbesserter Überlebenschancen in den letzten Jahren stark gewandelt, insbesondere Rehabilitation und Betreuung hätten an Bedeutung zugenommen. »Die vielfältigen Aufgaben sind jedoch ohne die sieben hauptamtlichen und die unzähligen ehrenamtlichen Mitarbeiter sowie die in der Aids-Hilfe eingebetteten Netzwerke nicht zu bewältigen«, dankte Schäfer nicht nur den vielen Helfern im Saal, sondern auch den sozialen Einrichtungen der Stadt. Trotz allen Engagements sei die Aids-Hilfe aber weiterhin auf eine breite gesellschaftliche Akzeptanz angewiesen, um Intoleranz und irrationalem Verhalten entgegenzuwirken. Oberbürgermeister Heinz-Peter Haumann würdigte in seinen Grußworten die »verdammt großen Mühen« der Aids-Hilfe und kündigte zudem weitere Unterstützung für die Zukunft an. Die Aids-Hilfe zeige durch ihre großartige Öffentlichkeitsarbeit bei zahlreichen Veranstaltungen der Stadt wie dem »Run 'n' Roll for Help« unterstützende und bedeutungsvolle Präsenz, so Haumann, der hofft, dass auch in den nächsten Jahrzehnten weiterhin so fruchtbare Arbeit geleistet werde. Ministerialrat Dr. Christian Luetkens, Leiter des Referates für Prävention, Gesundheitsförderung und Epidemiologie des Hessischen Sozialministeriums, sah die Feierstunde mit gemischten Gefühlen. Einerseits sei es ein trauriges Gefühl, dass betroffene Menschen immer noch nicht in der Lage sind, ohne die professionelle Unterstützung einer solchen Organisation zu bestehen; andererseits jedoch habe insbesondere die Aids-Hilfe Gießen selbstbewusste Lebensformen mit artikuliert, damit sich Betroffene in ihrer Lebensweise nicht vom Virus aufhalten lassen. Jörg Korell, »Mann der ersten Stunde« und ehemaliger Geschäftsführer der Aids-Hilfe Gießen, erinnerte in seinen Grußworten an die schwierigen Umstände, unter denen damals die Einrichtung in Gießen gegründet wurde. In den 80er Jahren habe man sich mit einem »Weg der Vernunft« nicht nur gegen die teils hetzenden Medien, sondern auch gegen Widerstände in der Bevölkerung durchgesetzt, so Korell, der nun für die Aids-Hilfe in Hamburg als Geschäftsführer fungiert. »Wir alle hoffen, dass möglichst bald ein Impfstoff gefunden wird, aber bis dahin bleibt noch viel zu tun«, zeigte sich Korell kämpferisch. Abschließend übergaben die Mitglieder der in Wetzlar ansässigen »Spacepartycrew against Aids« - ein Förderverein für verschiedene HIV- und Aidsprojekte - einen symbolischen Scheck an Vorstandsmitglied Alexander Schäfer. (c) Textarchiv Giessener Allgemeine Zeitung |
Mitglieder der »Spacepartycrew against Aids« übergaben Alexander Schäfer |